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Agnes Gossen

Plattdeutsches Seminar

 



Das 5. Jahrestreffen einer Gruppe deutscher Autoren aus Russland, die im niederdeutschen Dialekt schreiben, fand im September in der Heimvolkshochschule Oerlinghausen statt. Es ist eine lebendige Sprache, aber es ist nicht so einfach deren Laute, auf Papier fest zu
halten, da es nie eine Schriftsprache gewesen ist und auch die Aussprache bei den Deutschen aus Mittelasien, Sibirien oder im Orenburger Gebiet sich etwas unterscheidet.
Trotzdem versuchen die Enthusiasten dieses Dialekt weiter zu pflegen. Das Thema des Seminars war "Plattdeutsch gestern, heute und morgen". Eine Diskussion zum angesagten Problem leitete am ersten Abend Tatjana Klassner, die mit ihrem Mann seit Jahren die berühmt gewordene Anna German Festivals organisiert, 5 CDs mit plattdeutschen Kinderlieder und Gedichten und ein eigenes Buch herausgegeben hat und zusammen mit dem Vorsitzeden des Verein "Plautdietsch Frind e.V." Heinrich Siemens ein russlanddeutsches Lexikon zusammengestellt und veröffentlicht hat.
Katarina Fast ist eine Liedermacherin, Kabarettistin  und hat auch ihr erstes Buch in Hochdeutsch vorzuweisen, aber viele ihre Texte singt sie auch in Plattdeutsch. Genauso wie Tina Wedel, die außer eigenen Lieder viele bekannte und beliebte russische und hochdeutsche Lieder ins Dialekt übersetzt und auf CDs aufgenommen hat. Die jährliche „Plattdeutsche Nachmittage“ unter ihrer Leitung hatten ihren Ursprung vor 6 Jahren in Bonn (später regelmäßig in der Vulkanhalle in Kruft) mit dem ersten Treffen einer Bonner plattdeutschen Initiativgruppe, organisiert von Tina Wedel und Agnes Giesbrecht mit Unterstützung des Literaturkreises der Deutschen aus Russland, in dessen Rahmen auch die erste Seminare der „Plauttdietsch Schriewasch“  zustande kamen sowie auch das erste gemeinsame Buch mit niederdeutschen Gedichten, humoristischen und ernsten Geschichten „Ut onsem Leben“ („Aus unserem Leben“). Im vorigen Jahr wurde auf dem Seminar beschlossen, zum Buch noch eine CD mit Texten aufzunehmen, damit man beim Zuhören die Texte mit den Augen verfolgen kann und sich an die Schriftsprache leichter gewöhnt.
Peter Wiens, der Autor des Buches „Amalgam“ mit plattdeutschen und hochdeutschen Gedichten und Prosa war Mitbegründer des plattdeutschen Vereins, hatte vor einigen Jahren erreicht, dass bei der Volkshochschule in Lage ein Plattdeutschkurs angeboten wurde. Er erzählte auch über die bekannteste Klassiker, die im Dialekt geschrieben haben, aus Kanada, wo auch einige Mennoniten - Übersiedler aus Russland es zu Ruhm und Preise gebracht hatten, wie Myriam Töws und Rudy Wiebe, allerdings in Englischer Sprache. Er meinte, dass in Amerika diese Autoren es nie geschafft hatten, sich in eine Autorengruppe zu organisieren, wie es in Deutschland passiert ist. Die Seminaren in Oerlinghausen seien ein echtes Phänomen.
In diesem Jahr wurden nicht nur die mitgebrachte Texte gelesen und  besprochen, sondern auch eigene Übersetzungen aus dem Hochdeutschen und Russischen unter dem Motto „übersetz dich selbst“.
Es wird in der Zukunft ein zweisprachiges Buch entstehen, damit so dessen Leserkreis erweitert werden kann. Einige Texte plattdeutscher Autoren, die ins Hochdeutsche übersetzt wurden, kommen auch in den neuen Almanach 2011 „Literaturblätter deutscher Autoren aus Russland“ des Literaturkreises der Deutschen aus Russland. Es entstanden während des Seminars auch spontan geschriebene Texte zu einem bestimmten Thema.
 Die im Dialekt Schreibende bezeichneten ihn als ihre sprachliche Heimat - er wurde im Elternhaus gesprochen, hat mit der Geborgenheit der Kindheit etwas zu tun hat. Deshalb entsteht bei solchen Zusammenkünften ein besonders herzliches Klima. Zwei Abende klangen im Kaminzimmer des St.-Hedwig-Hauses lustige Gedichte, vorgetragen von Dimitrij Neufeld, Heinrich Martens, Katharina Peters und Lieder von Irina Heinze, Tina Wedel, Katharina Fast und Ella Deppe, die mit ihren wunderbaren Stimmen zu Gitarre Lieder in verschiedenen Sprachen sangen. Die eingeladenen Gäste waren begeistert und sangen oft mit. Wegen dieser Atmosphäre machen sich die Plattdeutschen oft auf den Weg aus verschiedenen Teilen Deutschlands, weil das Sprechen und Singen in der Mundart der Kindheit der Seele so gut tut.
Agnes Gossen, Bonn